Akteur am Wärmemarkt

Daseinsvorsorge, Gemeinwohl und eine Genossenschaft als Akteur am Wärmemarkt. Kommentar von Philipp Metz
Beginn der Suchschachtungen im Pilotprojekt rund um die Friedensgemeinde. Foto: ErdwärmeDich: Karsten Klama
03.02.2025 Beginn der Suchschachtungen im Pilotprojekt rund um die Friedensgemeinde. Foto: Erdwärmedich: Karsten Klama

Daseinsvorsorge

Daseinsvorsorge – ein mächtiger Begriff – umfasst die Bereitstellung und die Sicherung des allgemeinen und diskriminierungsfreien Zugangs zu existentiellen Gütern und Leistungen für alle Bürger.

Dazu gehören unter anderem:

  • Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
  • Energieversorgung (Strom, Gas, Wärme)
  • Öffentlicher Nahverkehr und Verkehrswege
  • Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Notfalldienste)
  • Bildung (Schulen, Universitäten, Bibliotheken)
  • Telekommunikation und digitale Infrastruktur
  • Müllentsorgung und Recycling
  • Sicherheit (Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz)

Die Idee der Daseinsvorsorge basiert auf dem Gedanken, dass bestimmte Leistungen nicht allein dem Markt überlassen werden sollten, da sie für das Gemeinwohl unerlässlich sind. 

Wenn der vorige Satz richtig ist, dann stellt sich die Frage, ob der Vorschlag, bestimmte Leistungen dem Markt zu überlassen, offensichtlich Gefahren für das Gemeinwohl birgt. Und wenn die wesentliche Motivation der Marktteilnehmer darin besteht, möglichst großen Gewinn aus den jeweiligen Aktivitäten zu ziehen – denn warum sollten sie sonst freiwillig den ganzen Aufwand treiben - , wird dann die „Vermarktung“ von Daseinsvorsorge nicht absurd und hinderlich?

In der Tat stehen sich hier widersprüchliche Interessen einander gegenüber:

  • Das Interesse von privatwirtschaftlichen „Versorgern“, mit möglichst geringem Aufwand möglichst hohen Gewinn zu erzielen und
  • das Interesse der „Versorgten“, die lebensnotwendigen Güter und Leistungen zum günstigsten Preis zu bekommen.

Für beide geht es um die „wirtschaftliche Darstellbarkeit“; nur reden beide über unterschiedliche Aspekte. Für ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist die Versorgung dann wirtschaftlich darstellbar, wenn der zu erwartende Gewinn attraktiv ist. Für die Nutzer dieser Leistung, also die Bürger, ist die entscheidende Frage, ob der zu zahlende Preis für sie wirtschaftlich darstellbar, also bezahlbar ist.

Dieser Widerspruch ist wohl nicht aufzulösen solange der Staat sich der Aufgabe entledigt und die staatliche Fürsorge für seine Bürger in die Hände von gewinnorientierten Unternehmen legt.

Was machen Staat, Land und Kommune?

Warum übernimmt die öffentliche Hand nicht diese Aufgaben bzw. nimmt sie wieder an sich, nachdem sie sie vor Jahren aufgrund von angeblich leeren Kassen verkauft oder delegiert hat? Es scheint, als wäre sie nicht dazu in der Lage. 

  • Vielleicht, weil die Aufgabe eine langfristige ist und ein Erfolg nicht innerhalb einer Wahlperiode eingefahren werden kann?
  • Vielleicht, weil die Kassen der öffentlichen Hand nach wie vor leer sind?
  • Vielleicht, weil dort die notwendigen Qualifikationen nicht oder nicht mehr vorhanden sind?
  • Vielleicht, weil der öffentliche Druck nicht groß genug ist?
  • Vielleicht, weil "es noch immer gut gegangen ist“?
  • Oder vielleicht , weil einfach der Mut fehlt, Fehler einzugestehen, zu lernen und neue Wege zu beschreiten?

Wir werden nicht all' diese Fragen umfassend beantworten können, zumindest nicht sofort und vorab. Aber wir, die Genossenschaft ErdwärmeDich Anergienetze eG, haben uns vorgenommen, zumindest in einem Bereich der Daseinsvorsorge einen Vorschlag in die Praxis zu überführen:

Wärme für alle!

Denn jeder braucht eine warme Wohnung – egal ob alt oder jung, egal ob arm oder reich, egal in welchem Stadtteil, egal ob als Mieter oder in einer eigenen Wohnung!

Wir sind überzeugt, dass wir dafür das richtige Konzept, die richtige Idee haben. Denn die Wärme der Erde ist unerschöpflich und muss jedem Menschen zur Verfügung stehen, genau wie die Luft zum Atmen und Wasser zum Trinken. Das technische Konzept ist nicht neu und schon hundertfach erprobt. Ein Erdwärmenetz – auch Anergienetz genannt – ist schnell und kostengünstig gebaut.

Diese Art der Wärmeerzeugung ist von Anfang an CO₂-frei und nicht umweltschädlich. ErdwärmeDich sorgt für eine sichere, bezahlbare und zukunftssichere Wärmeversorgung in Bremen, in der Stadt, in den dicht bebauten Stadtteilen ebenso wie in allen anderen. Und wir machen dies gemeinsam und für alle.

Wir sind überzeugt, dass es nicht in unserem gemeinschaftlichen Interesse ist, Gewinne zu machen. Für uns alle liegt der Nutzen unseres Projekts in der Versorgung mit kostengünstiger, sicherer Wärme. Es ergibt für uns keinen Sinn, uns selbst zuerst über höhere Nutzungsgebühren Geld abzunehmen und es hinterher wieder als Gewinn auszuschütten. Diesen unsinnigen Umweg werden wir uns sparen.

Wir werden auf unserem Weg lernen und die Dinge immer besser machen. Unser Handeln ist transparent und nachvollziehbar. Da wir nichts zu verbergen haben, ist jeder Nutzer an dem Prozess beteiligt, kennt die Stärken und Schwächen und kann mithelfen immer besser und effektiver zu werden.

Dies ist auch verdammt notwendig, denn unter dem Druck eines immer schneller voranschreitenden Klimawandels ist es schon längst keine Alternative mehr, wie bisher weiter zu machen und fossile Brennstoffe zu verfeuern. Auch Holz und ähnliche Energielieferanten scheiden aufgrund der schädlichen Auswirkungen zumindest in der Stadt aus. Wasserstoff und Stromheizungen haben entweder nur einen geringen Wirkungsgrad, sind nicht verfügbar oder werden es nie sein. Der individuelle Weg ist also eine Sackgasse.

Diejenigen, die uns einreden wollen, Fehler von heute seien auch morgen ohne größeren Aufwand heilbar, haben aus der Entwicklung der letzten 50 Jahre nichts gelernt. Also nehmen wir die Dinge gemeinsam in die Hand und es gibt keinen Grund, dabei zurückhaltend zu sein. Wir freuen uns über jede Hilfe, die auf den verschiedenen Ebenen in Politik und Verwaltung entsteht. Wir stärken die lokalen und auch die überregionalen Beziehungen mit Menschen, die sich eigenmächtig auf den Weg machen.

Wir stellen mit Begeisterung fest, dass diese gemeinsame Idee eine wichtige demokratische Grundübung ist und wie befruchtend demokratische Prozesse für unser Gemeinwesen sind – von der lokalen Ebene der einzelnen Quartiere bis in die größeren Lebenszusammenhänge.

"Ihre Meinung zählt!"

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