Kommunale Aufgaben und Pflichten in der Wärmeversorgung

Resümee des Vortrags von Katja Rodi zu den Aufgaben und Pflichten von Bremen in Bezug auf den kommunalen Klimaschutz
ErdwärmeDich-Vortragsveranstaltung zu kommunalen Aufgaben und Pflichten in der Wärmeversorgung
ErdwärmeDich-Vortragsveranstaltung zu kommunalen Aufgaben und Pflichten in der Wärmeversorgung. Quelle: ErdwärmeDich, Foto: Andreas Kisters

Kommunale Aufgaben und Pflichten in der Wärmeversorgung

Autorin: Katja Rodi

Wozu ist Bremen rechtlich verpflichtet?

Die Wärmeversorgung macht in Deutschland mehr als 50 % des gesamten Energieverbrauchs aus und verursacht einen Großteil des CO₂-Ausstoßes.  Denn 80 Prozent der Wärmenachfrage werden derzeit durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen wie Gas und Öl gedeckt. Auch Fernwärme wird bisher überwiegend aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Insofern ist eine klimafreundliche, möglichst CO₂-freie Wärmewende dringend geboten.

Die Frage, wie dabei Städte und Kommunen ihre Wärmeversorgung unabhängig, ökologisch und wirtschaftlich gestalten können, ist eine, die uns Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ebenso wie uns als Verein ErdwärmeDich e.V. zunehmend interessiert. Grundlegende Kenntnisse darüber, wie die Aufgaben und Pflichten von Bremen im Rahmen der Wärmewende gesetzlich geregelt sind, sind für die Beantwortung dieser Frage sehr wichtig. Deutschlands Verpflichtungen zum Klimaschutz aus dem internationalen Recht (insbesondere das Pariser Klimaschutzabkommen) und aus dem europäischen Recht (zahlreiche EU-Richtlinien zum Klimaschutz) sind in den letzten Jahren in mehreren nationalen Gesetzen konkretisiert worden. Die Kommunen sind für die Umsetzung dieser Verpflichtungen zuständig, und die Wärmeversorgung spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle.

Zusammenfassung der Verpflichtungen Bremens

  • Der Aufbau von Erdwärmenetzen ist möglichst einfach und schnell zu ermöglichen und deren Aufbau ist zu fördern (Pflicht zur Daseinsvorsorge)
  • Versorgung der Allgemeinheit mit möglichst sicherer, preisgünstiger, verbraucherfreundlicher, effizienter, umweltverträglicher, treibhausgasneutraler, leitungsgebundener Energie aus erneuerbaren Energien (Gewährleistung der Versorgungssicherheit aus dem Energiewirtschaftsgesetz)
  • Einrichtung einer zentralen und strategisch arbeitenden Stelle für Klimaschutz, die ressortübergreifende Kompetenzen hat (Vorgabe aus den Leitfäden zum Wärmeplanungsgesetz)
  • Zu der in Zukunft notwendigen Stilllegung von Gasnetzen müssen klare Zeitpläne vorgelegt werden, ein transparenter Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern mit dem Aufzeigen von Alternativen (z. B. Fernwärme oder Geothermie) geführt und Investitionshilfen für Haushalte angeboten werden (Vorwirkung der Gas- und Wasserstoffbinnenmarktrichtlinie der EU)

Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge

Zunächst soll der Blick auf einen Punkt gelenkt werden, der gesetzlich gar nicht ausdrücklich geregelt ist, der aber für uns, die mit Energie versorgt werden müssen, eine große Bedeutung hat: Die Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge. Zur Daseinsvorsorge gehören die Leistungen, die die öffentliche Hand verpflichtend erbringen muss, damit das gesellschaftliche Leben funktioniert. Und dazu gehört auch die Energieversorgung. Diese darf der Staat nicht dem Zufall oder rein dem Markt überlassen, sondern er muss sie strategisch planen, absichern und auf eine klimafreundliche Grundlage stellen. Wer die Energieversorgung nicht gezielt in eine fossilfreie Zukunft führt, gefährdet die Klimaziele und auch die Versorgungssicherheit! In Deutschland sind hauptsächlich die Kommunen für die Daseinsvorsorge verantwortlich. 

Wenn wir Geothermie als lokale, verlässliche und klimafreundliche Energiequelle nutzen, dann ist das nicht nur eine gute Idee, sondern ein Beitrag zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Es stärkt die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sichert langfristige Versorgung und schützt Umwelt und Klima.

Da Daseinsvorsorge verpflichtend ist, müssen Staat und Kommunen hier proaktiv handeln. Das gilt auch für den Aufbau von Erdwärmenetzen. Hier kann und muss die Stadt Bremen Verantwortung übernehmen. Sie muss den Aufbau dieser Netze möglichst einfach und schnell ermöglichen und sie muss diesen Aufbau fördern. Und Daseinsvorsorge bedeutet nicht nur Versorgung, sondern auch Teilhabe. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht, mitzureden, wenn über ihre Energiezukunft entschieden wird. Und sie können eine Unterstützung der Erdwärmenetze in jeder Hinsicht fordern; jetzt in der Wärmeplanung und dann auch in der weiteren Durchführung der Wärmewende.

Gesetzlich geregelte Pflichten der Kommunen im Rahmen der Wärmewende

Wenden wir uns den konkreten gesetzlich geregelten Pflichten der Kommunen im Rahmen der Wärmewende zu. Maßgebliche Gesetze sind hierfür das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Wärmeplanungsgesetz (WPlG), das Gebäudenergiegesetz (GEG) und das Klimaschutzgesetz (KSG), das in Bremen durch das bremische Klimaschutz- und Energiegesetz (BremKEG) ergänzt wird.

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

Im § 1 des EnWG wird geregelt, dass der Zweck des Gesetzes eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Versorgung mit Energie ist, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruhen soll. Und weiter hinten heißt es, dass diese Versorgung im Allgemeinwohlinteresse erfolgen soll. Und an mehreren Stellen erwähnt das EnWG die „Gewährleistung der Versorgungssicherheit“. Auch wenn aus diesen Regelungen noch keine direkte Verpflichtung von Bremen folgt, so prägen diese Formulierungen das Gesetz. Und dass die von der Genossenschaft ErdwärmeDich Anergienetze eG geplanten Erdwärmenetze genau diese Vorgaben erfüllen, muss beim Umgang der Kommunalverwaltung Bremens mit diesen Vorhaben berücksichtigt werden.

Wärmeplanungsgesetz (WPlG)

Aus dem Wärmeplanungsgesetz ergeben sich konkrete Verpflichtungen für Bremen. Die Stadt ist zur Aufstellung eines Wärmeplanes verpflichtet. Ein solcher Plan zeigt auf, wie in der gesamten Stadt klimaneutral geheizt werden kann. Hierzu muss das Stadtgebiet in Wärmeversorgungsgebiete eingeteilt werden. Für diese Gebiete wird die jeweils geeignete Wärmeversorgungsart festgestellt. Kriterien für die Geeignetheit sind geringe Kosten, geringe Realisierungsrisiken, hohes Maß an Versorgungssicherheit und geringe Treibhausgasemissionen. Wichtig ist, dass nur geplant wird, wie geheizt werden kann. Aus dem Wärmeplanungsgesetz folgt keine Pflicht Bremens, in den Gebieten für die jeweilig festgestellt geeignete Wärmeversorgungsart für diese Versorgungsart zu sorgen.

Nach § 13 Abs. 2 WPlG ist Bremen verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren und die Prüfungs- und Analyseergebnisse bei der Durchführung der Wärmeplanung zu veröffentlichen. Inwieweit diesen Verpflichtungen nachgekommen wird, lässt sich gerade noch nicht erkennen.

Pflicht zur Veröffentlichung der Wärmeplanung laut WPlG

„Die planungsverantwortliche Stelle informiert die betroffene Öffentlichkeit über den Beschluss oder die Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und veröffentlicht unverzüglich die jeweiligen Ergebnisse der Eignungsprüfung nach § 14 sowie nach Maßgabe der Anlage 2 die Ergebnisse der Bestandsanalyse nach § 15 und der Potenzialanalyse nach § 16 im Internet.“

Nach § 4 WPlG muss der Wärmeplan in Bremen am 30.6.2026 fertiggestellt sein. Die Stadt beabsichtigt ihn bereits zum Ende dieses Jahres (2025) zu veröffentlichen, wobei der ursprünglich für Ende Mai geplante Entwurf des Wärmeplans bereits auf Ende Juli oder Anfang August 2025 verschoben wurde. Mit der Veröffentlichung dieses Entwurfes beginnt die Möglichkeit, Einwendungen gegen den Plan zu erheben. Die vom Verein ErdwärmeDich e.V. zum Wärmeplan entwickelten Forderungen werden auf einer Veranstaltung am 8.9.2025 in der Bremer Shakespeare Company noch einmal vorgestellt und mit dem Publikum diskutiert. Am 8.10.2025 sollen sie nach einem Spaziergang aller Interessierten mit Alexander von Humboldt dem Bremer Bürgermeister am Rathaus übergeben werden.

Leitfäden zur Wärmeplanung

Neben dem Wärmeplanungsgesetz gibt es mehrere Leitfäden zur Wärmeplanung, insbesondere der Bundesministerien, des Umweltbundesamtes und mehrerer politischer Stiftungen. Diese Leitfäden geben sehr gute praktische Hilfestellungen für die Durchführung der Wärmeplanung nach dem Wärmeplanungsgesetz. Sie enthalten auch Vorschläge zur Organisations- und Prozess­struktur sowie zum Ablauf der Beteili­gung der Akteure. Unsere Erdwärmegenossenschaft ist eine solche, nach dem Gesetz verpflichtend zu beteiligende Akteurin.

 

Bremen ist zwar nicht gezwungen, sich an die Vorgaben der Leitfäden zu halten, aber diese kommen von der obersten politischen Ebene unseres Staates und sollten daher auch von der Politik auf kommunaler Ebene ernst genommen werden. In dem Leitfaden der Bundesministerien heißt es: „Angesichts des Umfangs und der Komplexität des gesamten Wärmeplanungsprozesses empfiehlt sich die Einrichtung einer Projektleitung als zentraler Ansprechstelle sowie eines Beratungsgremiums mit den für die Wärmeplanung wichtigsten Akteu­ren.“ Und es wird die Einrichtung einer zentralen und strategischen Stelle für Klimaschutz empfohlen, die die fachübergreifenden Aufgaben koordiniert, die relevanten Akteure zusammenbringt und die Umsetzungserfolge überprüft. Gerade dieser letzte Punkt ist wichtig in dem Prozess, der der Wärmeplanung folgen muss.

In der Stadt Bremen gibt es eine solche ressortübergreifend arbeitende Stelle für den Klimaschutz nicht. Federführend bei der kommunalen Wärmeplanung ist die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft. Sie ist aber nicht ressortübergreifend zuständig. Auch die 2022 gegründete Landeszentrale Klimaanpassung genügt den Anforderungen aus den Leitfäden nicht. Diese Stelle informiert, stellt Daten zur Verfügung, unterstützt Planungs- und Entscheidungsprozesse, fördert Maßnahmen und Projekte u.s.w. Aber sie hat keine eigenen Entscheidungsbefugnisse. Auch wenn es nicht im Wärmeplan selbst stehen muss, sollten wir den Aufbau einer solchen ressortübergreifend zuständigen Stelle fordern.

Klimaschutzgesetz (KSG) sowie Bremisches Klimaschutz- und Energiegesetz (BremKEG)

Das Klimaschutzgesetz und das Bremer Klimaschutz- und Energiegesetz regeln, dass die öffentliche Hand – also auch die Kommunen in Deutschland – die nationalen und europäischen Klimaschutzziele bei ihren Entscheidungen berücksichtigen müssen. Aus diesen Gesetzen folgen allerdings keine direkten Pflichten zum kommunalen Klimaschutz.

Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Vor der Darstellung der kommunalen Verpflichtungen aus dem Gebäudeenergiegesetz, das häufig auch als Heizungsgesetz bezeichnet wird, ein paar Worte zur Abschaffung beziehungsweise Änderung dieses Gesetzes. Es wurde 2023 reformiert, um den Umstieg auf erneuerbare Heiztechnologien wie Wärmepumpen und Fernwärme zu beschleunigen.

Jetzt gibt es Pläne in der Bundesregierung, dieses Gesetz in seiner jetzigen Form wieder zurückzunehmen oder abzuschwächen. Jedenfalls ist die Abschaffung des Heizungsgesetzes energiepolitisch falsch und sie ist juristisch und politisch hoch bedenklich. Eine Abschaffung würde gegen internationales Recht (Klimaschutzpflicht nach dem Pariser Klimaabkommen, gegen europäisches Recht und gegen unsere Verfassung verstoßen, wie sich aus dem Klimaschutzurteil des BVerfG von 2021 ergibt (vgl. folgende Infobox). Und auch jede Änderung des Gebäudeenergiegesetzes muss diesen rechtlichen Maßstäben genügen und ist daher nur sehr eingeschränkt zulässig.

Allerdings folgen aus dem Gebäudeenergiegesetz für Bremen keine unmittelbaren rechtlichen Verpflichtungen. Für uns als Heizungsbetreiber*innen gibt es die Vorgabe, dass neue Heizungen mindestens zu 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.

Juristische und politische Bedenken zur Abschaffung des sogenannten "Heizungsgesetzes" (GEG)

  • Deutschland hat sich mit dem Pariser Klimaabkommen dazu bekannt, den globalen Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Dafür müssen alle Staaten konkrete Maßnahmen ergreifen. Ein Rückschritt im Gebäudesektor wäre ein klarer Verstoß gegen diese Klimaschutzpflicht.
  • Die EU-Richtlinie über erneuerbare Energien (RED II) verpflichtet uns, den Anteil erneuerbarer Energien im Gebäudesektor deutlich zu erhöhen. Eine Rücknahme des GEG würde diese Verpflichtungen unterlaufen.
  • Der Staat muss zukünftige Generationen schützen. Er darf den Klimaschutz nicht aufschieben oder verwässern.

Bevorstehende Stilllegung der Gasnetze

Demnächst werden die Gasnetze in Deutschland stillgelegt werden müssen, da in Zukunft kein Erdgas mehr verbrannt werden darf – auch nicht zum Heizen. Nach der Gas- und Wasserstoffbinnenmarktrichtlinie der EU muss Deutschland die Stilllegung von Gasnetzen regeln und die Bürger*innen müssen über Stilllegungspläne „rechtzeitig“ informiert werden. Zwar muss es rechtlich eine solche nationale Regelung erst 2026 geben, aber bereits jetzt müssen Kommunen und Länder die Stilllegung planen, denn bei einem chaotischen Rückzug aus der Gasversorgung wird es für die Verbraucher*innen extrem teuer. Das Gasnetz mit seinen Wartungskosten wird von immer weniger Nutzer*innen finanziert werden müssen. Und wenn die Kundenzahl schrumpft, steigen die Preise für die übrigen Nutzer*innen. Das ist wäre sozial nicht tragbar.

Daher braucht es klare Zeitpläne, einen transparenten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, das Aufzeigen von Alternativen (z. B. Fernwärme oder Geothermie) und Investitionshilfen für Haushalte.

Fazit

Bremens Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht, von der Freien Hansestadt Bremen über die geplanten Maßnahmen in der Wärmewende ausreichend informiert zu werden. Und sie haben ein Recht, bei der Umstellung ihrer Heizungssysteme und beim Aufbau und der Nutzung von Anergienetzen unterstützt zu werden!

 

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